Unser anderes Kind (retail) by Sabine Roy

Autor:Sabine Roy [Roy, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-15T00:00:00+00:00

Eine „Schmutztätowierung“

Mein Mann versucht, durch tägliche Spaziergänge mit Falk einen Ausgleich zum Stress in der Förderschule zu schaffen. Noch immer ist das Sportstadion an der Spree ein Reizpunkt für unseren Sohn. Heute aber ist es menschenleer. Falk und sein Vati gehen auf den Sportplatz und rasten auf der Wiese. Auf einmal entdeckt Falk einen alten zerknautschten, herrenlosen Fußball. Er will auch Fußball spielen, wie die Männer. Also ziehen sich beide „Jungs“ die Jacken aus, stellen die Tasche ab und das Match beginnt. Auf eine Distanz von rund 15 Metern schießen sie den Ball hin und her. Falk jubelt und ist glücklich.

Plötzlich reißt er den Kopf in den Nacken, bricht in die Knie und schlägt mit dem Gesicht auf den schwarzen Schotter. Mein Mann sprintet sofort los, kann Falk aber nicht mehr abfangen. Falk krampft heftig. Mühsam kann ihn mein Mann in die stabile Seitenlage bringen. Vom gegenüberliegenden Haus hat ein Mann den Vorfall beobachtet und kommt sofort zu Hilfe. Die beiden Männer laden Falk in einen Pkw und fahren zur Notaufnahme.

Auf der einen Gesichtshälfte hat sich Falk die ganze Haut abgeschürft und den schwarzen Schotter in das Fleisch gedrückt. „Der Schotter bleibt drin, wenn wir ihn nicht herausholen, und die Haut wächst wieder darüber. Ihr Sohn hätte also immer eine schwarze Gesichtshälfte“, erklärt uns der Arzt. Falk erhält eine örtliche Betäubung und dann entfernt der Arzt die vielen kleinen und größeren schwarzen Steinchen. Zum Glück gibt es jetzt Handys, sodass mein Mann mich informieren kann. Ich bringe Falks Medizin mit in die Notaufnahme. Nachts dürfen wir Falk dann mit heimnehmen und werden ambulant weiterbehandelt.

Schon einen Monat später fällt Falk in einem Anfall mit dem Gesicht auf die Gießkanne und bricht sich wieder die Nase. Unsere Angst vor Anfällen wird immer größer.

Frau Dr. Verat beendet ihre Tätigkeit als Ärztin und hinterlässt – nicht nur bei uns – eine riesengroße Lücke. Fachlich enorm kompetent, durchsetzungsstark und menschlich einfach das Ideal für jedes behinderte Kind und dessen Eltern, ist uns nie wieder jemand begegnet, der nur annähernd so engagiert war wie „unsere“ Frau Dr. Verat. Ihre Nachfolgerin gibt sich viel Mühe.

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